Ist mein Zyklus Schuld an meinen Stimmungsschwankungen?
Unsere Stimmung und unser Selbstvertrauen werden durch das Auf und Ab unserer Hormone im Zyklusverlauf beeinflusst. Aber bedeutet das, dass wir unseren Hormonen ausgeliefert sind? Unsere Hormone können einen großen Einfluss auf unsere Stimmung haben, aber dennoch sind sie auch nur ein Faktor, der unsere Gefühle und unsere Stimmung beeinflusst. Es gibt noch viele andere Faktoren, die sich auf unsere Gefühle auswirken, zum Beispiel Hunger, Stress, Medikamente, wie gut oder schlecht man schläft, Krankheit, Schmerzen, der Beginn eines neuen Jobs, Verliebtheit, Liebeskummer und so weiter. Kommen wir aber zurück zu den Hormonen: Das Hormon Östrogen hat Einfluss auf die Ausschüttung von Serotonin, Endorphinen und Dopamin im Gehirn. Aus diesem Grund ist Östrogen indirekt für unsere glücklichen Gefühle zuständig. Denn Serotonin sorgt für gute Laune und eine ausgeglichene Stimmung. Ist es also ein Muss, dass der weibliche Zyklus mit Stimmungsschwankungen einhergeht? Viele Frauen sehen die zweite Zyklusphase als die Zeit im Zyklus, in der sie schlechte Laune und Stimmungstiefs einfach ertragen müssen. Das Energielevel sinkt und in dieser Zyklusphase dominiert natürlicherweise das Hormon Progesteron. Dieses Hormon bewirkt, dass wir mehr Zeit zu Hause verbringen wollen, uns weniger aktiv fühlen und auch nicht so sehr den Kontakt zu anderen Menschen suchen.
Stimmungsschwankungen vor und während der Periode
Menschen, die mit PMS zu kämpfen haben, fühlen sich vor und zu Beginn ihrer Periode oftmals erschöpft, lustlos, unsicher, niedergeschlagen, gereizt oder wütend. Auch Konzentrationsprobleme und Stimmungsschwankungen sind keine Seltenheit. Ja, es kann sich mitunter sogar so anfühlen, als ob man die Kontrolle über den eigenen Körper und seine Gefühle verliert.
Verursachen die Hormone während der Periode Stimmungsschwankungen?
Zu Beginn der Periode ist der Östrogenspiegel am niedrigsten. Im Verlauf der ersten Woche im Zyklus steigt Östrogen dann langsam an. Je nachdem, wie empfindlich man auf den Anstieg von Östrogen reagiert, können Stimmung, Selbstvertrauen und das allgemeine Gefühl von Optimismus schon wenige Stunden nach Beginn der Periode ansteigen. Es kann aber auch ein paar Tage dauern, bis dieses hormonbedingte Gefühl der ‘Aufheiterung’ einsetzt. Die meisten Frauen bemerken in der Mitte der ersten Zykluswoche, ungefähr an Zyklustag 4, eine deutliche Verbesserung ihrer Laune.
Die Stimmung in der Follikelphase
Am Zyklusbeginn steht alles im Zeichen des Aufbaus und des Wachstums, denn der Körper bereitet sich auf eine mögliche Schwangerschaft vor. Die Gebärmutterschleimhaut baut sich wieder auf, nachdem sie zuvor während der Periode abgestoßen wurde. Auslöser dafür ist der Anstieg von Östrogen, wodurch die Ausschüttung von Serotonin und Dopamin angeregt wird. Wir erleben diese Zeit im Zyklus als eine Phase der Kreativität und Schöpferkraft und fühlen uns positiv und energiegeladen. Wir fühlen uns sehr wohl in unserem Körper, da das steigende Östrogen auch unser Selbstbewusstsein beeinflusst. Jetzt ist die Zeit, neue Pläne zu fassen, wichtige Entscheidungen zu treffen und sich Ziele zu setzen. Für die meisten Menschen ist die zweite Woche im Zyklus die Zeit, in der das Gefühl von Glück seinen Höhepunkt erreicht. Das bedeutet, dass wir eher dazu neigen, fröhlich, zuversichtlich und optimistisch zu sein. Und es ist wahrscheinlicher, dass man sich von Rückschlägen schneller erholt, da der hohe Östrogenspiegel unsere Widerstandsfähigkeit und Flexibilität steigert.
Achtung: Wenn du empfindlich auf Östrogen reagierst, kann es sein, dass du dich durch den Anstieg von Östrogen nervös oder ängstlich fühlst.
Sind Stimmungsschwankungen beim Eisprung normal?
Viele Frauen erleben zum Zeitpunkt der Ovulation ihren absoluten Stimmungs-Höhepunkt. Einerseits in Bezug auf ihre Libido, welche durch die Ausschüttung von Testosteron jetzt besonders angekurbelt wird. Andererseits auch, weil wir uns durch den hohen Östrogenspiegel besonders attraktiv und selbstsicher fühlen. Auch nach außen hin wirken wir in dieser Zeit besonders attraktiv und selbstbewusst. Aber was ist, wenn der Eisprung vorbei ist? Nach dem Hoch erleben viele Frauen ein Tief. Der Energiehaushalt geht zurück und Stimmungsschwankungen können auftreten, ausgelöst durch die hormonellen Schwankungen.
Die Stimmung in der Lutealphase
Kurz nach dem Eisprung sinkt der Östrogenspiegel stark ab. Infolgedessen sinkt auch die Menge der stimmungsaufhellenden Stoffe im Gehirn, was zu einem Gefühl der Verstimmung, Frustration oder Angst führen kann. Gleichzeitig steigt in dieser Zeit im Zyklus das beruhigend wirkende Hormon Progesteron, welches die zweite Zyklushälfte dominiert. Je nachdem, wie empfindlich man auf Progesteron reagiert, kann es durchaus sein, dass man sich mürrisch, traurig oder weinerlich fühlt. Wenn Östrogen im Laufe der zweiten Zyklushälfte wieder leicht ansteigt, verschwindet meist auch das Gefühl der Nervosität, das du vielleicht kurz nach dem Eisprung verspürt hast. Da Progesteron gemeinsam mit Östrogen ansteigt, wirst du wahrscheinlich nicht die überschwängliche Freude und Zuversicht erleben, die du in der zweiten Woche im Zyklus verspürt hast. Idealerweise empfindest du in dieser Zeit eher so etwas wie eine sanfte Ruhe und Gelassenheit. Es ist kein Geheimnis, dass es in der Zeit vor der Periode gefühlstechnisch mitunter stark bergab geht. Du fühlst dich vielleicht launisch, reizbar, traurig, weinerlich, pessimistisch und/oder zynisch. Das liegt daran, dass Östrogen in dieser letzten Phase des Zyklus stetig sinkt und damit auch der Spiegel der stimmungsregulierenden Stoffe im Gehirn abnimmt. Wie häufig oder intensiv in dieser Zeit negative Gefühle aufkommen, kann von vielen Faktoren abhängen:
- die körpereigene Empfindlichkeit in Bezug auf die hormonellen Schwankungen
- wie viel (guten) Schlaf du bekommen hast
- wie regelmäßig und nahrhaft deine Mahlzeiten sind
- wie viel Stress du hast
- ob du krank bist
- Schmerzen hast
- und/oder Medikamente einnimmst
Je gesünder dein Lebensstil ist – regelmäßige Bewegung & gesunde Ernährung, abgestimmt auf deinen Zyklus, sieben bis acht Stunden Schlaf pro Nacht, reduzierter Stress – desto besser ist meist auch deine Stimmung vor und während der Periode. Damit diese Phase nicht zu einem wiederkehrenden, negativen Erlebnis wird, müssen wir lernen, sie wertzuschätzen und anzunehmen. Du darfst (und sollst) in dieser Zeit etwas vom Gas gehen, dich zurückziehen, aktiv für deine Bedürfnisse einstehen und reflektieren.
Quellen:
- Ovulation disturbances and mood across the menstrual cycles of healthy women: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19842789/
- Pathophysiology of premenstrual syndrome and premenstrual dysphoric disorder: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22611222/
- Premenstrual symptoms across the lifespan in an international sample: data from a mobile application: https://link.springer.com/article/10.1007/s00737-022-01261-5