Warum man dem Wochenbett mehr Aufmerksamkeit schenken sollte?
Was ist das Wochenbett?
Spricht man über die Geburt eines Kindes, hört man zwangsläufig irgendwann den Begriff des Wochenbetts. In manchen Familien wird darum ein großes Aufsehen gemacht, es wird vorbereitet, Absprachen werden getroffen, Personen eingeladen oder den Zutritt verweigert. Wiederum andere kennen es nicht und machen sich auch keine größeren Gedanken darum, Kinder wurden ja schon immer geboren und die Mütter wissen dann schon was zu tun ist. Diesen Satz hört man dann häufig von Großmüttern. Warum Frauen darüber mehr sprechen sollten und was genau das Wochenbett ist, klären wir in diesem Artikel.
Wochenbett ist die erste Zeit nach der Geburt eines Kindes. Diese Zeit bekommt von Hebammen und der Medizin so viel Aufmerksamkeit, weil sich hier einiges tut. Sowohl bei der Person, die geboren hat, als auch beim Kind. Für eine frisch gebackene Mutter bilden sich in dieser Zeit die Veränderungen durch Schwangerschaft und Geburt wieder zurück. Der Uterus wird wieder kleiner, bis er seine ursprüngliche Größe von circa einer Faust erreicht hat, gleichzeitig heilt die Wunde, die die Plazenta im Inneren des Uterus hinterlassen hat. Dieser Prozess wird vom Wochenfluss begleitet, so nennt man die Blutung, die nach der Geburt einsetzt und die genauso lange wie das Wochenbett andauern kann. Mit dem Wochenfluss wird das Wundsekret, das bei der Heilung entsteht, aus dem Uterus transportiert und sorgt so für eine gute Reinigung und Heilung der Wunde, die immerhin handtellergroß ist. Außerdem heilen in diesen Wochen auch mögliche Geburtsverletzungen ab. Die Hormone, die in der Schwangerschaft von der Plazenta produziert wurden, fallen jetzt weg, weshalb sich der Hormonhaushalt einmal komplett umstellen muss. Wenn man stillt, kommt jetzt die Milchbildung so richtig in Schwung und es wird der Grundstein für eine langfristige Stillbeziehung gelegt. Und natürlich ist das Wochenbett auch die Zeit des Kennenlernens und des ersten Beziehungsaufbaus außerhalb vom Bauch nicht nur für Mutter und Kind, sondern auch für den Rest der Familie.
Warum ist das Wochenbett so wichtig?
Die Zeit des Wochenbetts ist ungemein wichtig, da sie eine sehr sensible Phase ist. Alle schon aufgezählten Umstellungen, Veränderungen und Prozesse finden auf einmal statt und gleichzeitig hat man noch einen neuen kleinen Menschen, der die Welt noch nicht kennt und sehr hilfsbedürftig ist. Der Körper und die Psyche leisten in dieser Zeit unheimlich viel und bekommen trotzdem nicht unbedingt viel Zeit zum Ausruhe, weil da ja noch ein Baby gefüttert, gewickelt, gehalten und kennengelernt werden muss.
Ganz abgesehen von all dem muss Frau zusätzlich an ihr wichtigstes Halteorgan für den aufrechten Gang denken: den Beckenboden. Dieser, oft vernachlässigte, Körperteil betreibt in einer Schwangerschaft und bei einer Geburt Leistungssport und braucht danach dringend Schonung und Zuwendung. Das bedeutet vor allem so wenig Belastung wie möglich und nach einer Weile vorsichtiges und gezieltes Training.
Damit der Körper einer Person die geboren hat und auch deren Psyche die nötige Zeit bekommt, raten wir Hebammen dazu „Wochenbett zu halten“. Damit meinen wir aber nicht, wie häufig befürchtet, dass man sich für 8 Wochen hinlegen muss. Wie lange Wochenbett gehalten wird, darf natürlich jeder für sich entscheiden, aber einen sinnvoller Zeitraum wird in einem alten Sprichwort beschrieben: „Eine Woche im Bett, eine Woche am Bett und eine Woche ums Bett herum.“ Es ist also Sinnvoll in der ersten Woche nach der Geburt, in der die Umstellung am größten ist und die erste Erschöpfung noch anhält, das Bett zu hüten. Lasst euch gutes Essen ans Bett bringen, kuschelt, schlaft, nutzt die Zeit um euch kennen zu lernen und bleibt einfach mal liegen. In der zweiten Woche zieht es die meisten schon wieder aus ihrem Schlafzimmer hinaus und doch bleibt das Bett der Mittelpunkt des Alltags, den man häufig zum stillen und für kleine Schläfchen wieder aufsucht. In der dritten Woche bewegt sich die Familie häufig schon wieder frei in der Wohnung und wagt vielleicht auch schon erste kleine Ausflüge mit dem neuen Menschen vor die Haustüre. Auch nach diesen Wochen ist das Wochenbett noch nicht abgeschlossen und es ist weiter wichtig langsam in den Alltag zurück zu finden und vorsichtig zu schauen, was der Körper, Kopf und die neue Familienkonstellation leisten können und wollen.
Wie lange geht das Wochenbett?
Diese Frage ist ganz kurz und knapp zu beantworten: Als Wochenbett wird die Zeit nach der Geburt eines Kindes bis 6 Wochen nach der Geburt bezeichnet. Medizinisch nennt man es auch Puerperium oder Postpartalphase. Man unterscheidet das frühe und das späte Wochenbett, wobei das frühe Wochenbett die ersten 10 Tage nach der Geburt bezeichnen und das späte Wochenbett dann ab dem 11. Lebenstag des Kindes beginnt.
Wofür braucht man eine Hebamme im Wochenbett?
In der Zeit nach der Geburt eines Kindes hat die Person, die geboren hat und/oder ein Neugeborenes zuhause hat, einen Anspruch auf Betreuung durch eine Hebamme. Hebammen unterstützen junge Familien in dieser Zeit in allen Aspekten rund um Mutter und Kind. Sie kümmern sich um das körperliche Wohlergehen und überwachen die Gesundheit von Mutter und Kind, leiten weitere Maßnahmen ein, falls notwendig, unterstützen den Bindungsaufbau und helfen beim Stillen oder der Flaschenernährung des Kindes.
Bei einem normalen Besuch im Wochenbett frage ich die Familie zuerst, wie es ihnen ergangen ist. Ich untersuche die Rückbildung des Uterus, indem ich den Bauch der Mutter abtaste und bespreche mit ihr eventuelle Beschwerden, egal ob körperlich oder psychisch. Ich vergewissere mich, dass der Blutdruck und die Temperatur im Normalbereich liegen und keine anderen Krankheitssymptome aufgetreten sind. Wir schauen außerdem gemeinsam nach dem Kind, überwachen die Temperatur, Atmung, Herzschlag und die Ausscheidungen und beobachten die Gewichtszunahme. Auch der Nabelschnurrest bzw. die Heilung des Nabels sehe ich mir genau an. Wir besprechen die Ernährung des Babys und ich helfe bei Stillproblemen, wenn es welche gibt. Zusätzlich zu all den Untersuchungen und Werten, die dokumentiert werden, spreche ich mit der Familie über Themen wie der Schlaf des Kindes, welche Kleidung warm genug ist, wie man das Kind tragen kann und noch einiges mehr. Auch die Psyche und das Zusammenfinden als Familie sind immer wieder Themen, die frische Eltern beschäftigen und für die eine Hebamme ein offenes Ohr im Wochenbett hat.
Was macht eigentlich eine Hebamme?
Dieser Beitrag wurde verfasst von Madeleine Franzwa

Madeleine ist Hebamme aus Leidenschaft. Nach 4 Jahren Studium, schloss sie 2019 ihr Studium der Hebammenkunde an der Hochschule Fulda ab. Vor ihrer eigenen Schwangerschaft hat Madeleine im Kreißsaal Geburten begleitet und freiberuflich Schwangere und Wochenbetten betreut, sowie Geburtsvorbereitungskurse gegeben. Die Elternzeit diente ihr als Fortbildungszeit in etlichen Hebammenthemen und für die Ausbildung zur Trageberaterin. Momentan ist sie freiberuflich tätig und begleitet einige wenige Familien durch die aufregende Zeit vom Beginn einer Schwangerschaft bis zum Ende des ersten Lebensjahrs.