Beeinflusst Kaffee die Fruchtbarkeit?
Eine Studie aus dem Jahr 1988 schien zu zeigen, dass Frauen, die etwa eine Tasse Kaffee pro Tag tranken, mit halb so hoher Wahrscheinlichkeit schwanger wurden. Das stellte den Anlass für eine große Aufregung und eine Vielzahl an Debatten zum Thema Kaffee und Fruchtbarkeit dar. Obwohl diese Studie über die Jahrzehnte immer wieder zitiert wurde, konnte tatsächlich keine nachfolgende Studie die Ergebnisse dieser ersten Studie nachstellen.
Beeinflusst Kaffee die Fruchtbarkeit der Frau?
Pauschal ist diese Frage tatsächlich schwer zu beantworten, es hat dazu aber weitere Untersuchungen gegeben. Eine der umfassendsten Studien inkludierte etwas mehr als 3000 dänische Frauen. Im Rahmen der Studie wurde die Fruchtbarkeitsrate im Zusammenhang mit dem Kaffee-, Tee- und Softdrinkkonsum der Frauen untersucht. Folgende Erkenntnisse waren das Ergebnis der Studie:
- Frauen, die mehr als 300 mg Koffein pro Tag konsumierten – also mehr als 1 Tasse Kaffee, zeigten sehr ähnliche Fruchtbarkeitsraten wie Frauen, die weniger als 100 mg bis gar kein Koffein pro Tag zu sich nahmen.
- Bei Frauen, die zwei oder mehr Tassen Tee am Tag tranken, zeigte sich eine etwas höhere Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden, als bei Frauen, die keinen Tee zu sich nahmen.
- Bei Frauen, die Limonade/Softdrinks tranken, war die Wahrscheinlichkeit, in einem bestimmten Zyklus schwanger zu werden, geringer als bei Frauen, die gar keine Limonade/Softdrinks zu sich nahmen. Frauen, die drei Portionen Limonade/Softdrinks pro Tag tranken, zeigten schlechtere Fruchtbarkeitsraten als Frauen, die nur eine Portion pro Tag tranken.
Was bedeuten diese Ergebnisse aber? Nun, die Forscher konnten tatsächlich nicht genau herausfinden, warum in dieser Studie die Frauen, die Tee tranken, eine höhere Fruchtbarkeit und die Frauen, die Limonade/Softdrinks tranken, eine geringere Fruchtbarkeit zeigten.
In einer weiteren Studie, die 2017 veröffentlicht wurde, wurden Daten aus bereits veröffentlichten Forschungsarbeiten zusammengetragen, um die möglichen dosisabhängigen Auswirkungen von Koffein oder Kaffee auf die Zeit bis zur Schwangerschaft zu untersuchen. Hierbei wurden sowohl Paare, die auf natürlichem Wege schwanger werden wollten, als auch bei Paare, die sich einer Fruchtbarkeitsbehandlung unterzogen, miteinbezogen. Außerdem wurde das Risiko einer Fehlgeburt in Zusammenhang mit Koffeinkonsum untersucht.
Folgende Erkenntnisse waren das Ergebnis dieser Studie:
- Ein Koffeinkonsum von 300 mg erhöht das Risiko einer Fehlgeburt.
- Ein Konsum von 600 mg Koffein resultierte in einem mehr als doppelt so hohem Risiko für eine Fehlgeburt.
- Koffein scheinte allerdings keinen Einfluss auf die Zeitspanne zu haben, die Paare, die auf natürlichem Wege schwanger werden wollten, brauchten, um schwanger zu werden.
- Auch bei Paaren, die sich einer Fruchtbarkeitsbehandlung unterzogen, schien sich der Konsum von Koffein nicht negativ auszuwirken.
Beeinflusst Kaffee den weiblichen Zyklus?
Um diese Frage zu beantworten, bedarf es der Berücksichtigung davon, wie Koffein im Körper (vor allem von Personen mit weiblicher Physiologie) wirkt. Folgendes sollte dabei nicht außer Acht gelassen werden:
1. Kaffee kann vom Körper als Stress wahrgenommen werden
Laut einer Studie kann durch den Konsum von Koffein die Cortisol-Ausschüttung angeregt werden. Cortisol ist gemeinhin auch als das ‘Stresshormon’ bekannt. Koffein führt zudem dazu, dass sich die Herzfrequenz beschleunigt und der Blutdruck steigt, was dem Körper ebenso Stress signalisieren kann.
2. Frauen scheinen Koffein schlechter zu verarbeiten als Männer
Als Grund dafür wird unter anderem die Tatsache vermutet, dass der Körper von Frauen eher darauf ausgelegt ist, Flüssigkeit länger im Körper zu halten, vor allem zur Aufrechterhaltung des Energiehaushalts.
3. Koffein kann sich negativ auf die Östrogen Produktion auswirken
Die Produktion von Östrogen soll durch den Konsum von Kaffee ebenso negativ beeinflusst werden. Einer Studie zufolge soll sich vor allem bei weißen Frauen ein negativer Effekt auf die Östrogenwerte bemerkbar machen.
4. Regelschmerzen und PMS können durch Kaffee begünstigt werden
Kaffee kann die Bildung von Säure im Körper begünstigen. Das kann bewirken, dass es eher zu Regelschmerzen und PMS Beschwerden kommt.
5. Kaffee kann die Aufnahme von Mikronährstoffen negativ beeinflussen
Wichtige Mirkonährstoffe, die unser Körper unbedingt braucht, um gesund funktionieren zu können, werden durch den Konsum von Kaffee unter Umständen nicht mehr ausreichend aufgenommen. Kaffee wirkt zudem harntreibend, was dazu führt, dass wasserlösliche Nährstoffe ebenso vermehrt aus dem Körper ausgeschwemmt werden.
6. Erschöpfungszustände durch den Konsum von Kaffee
Die stimulierende Wirkung von Kaffee funktioniert so, dass es zunächst die Produktion von ATP (AdenosinTriPhosphat) im Körper stimuliert. ATP ist ein essentieller Baustein dafür, dass im Körper Energie erzeugt werden kann. Das hält allerdings nur für kurze Zeit an und eine chronische Stimulierung von ATP kann leider dazu führen, dass der Körper allmählich ‘ausbrennt’. Die energisierende Wirkung durch den Konsum von Kaffee ist also kein tatsächlicher Energieschub, sondern eine chemisch herbeigeführte Stimulierung von ATP. Auf Dauer kann eine Überstimulierung zu langanhaltenden Erschöpfungszuständen führen.
7. Serotonin kann durch Kaffee gemindert werden
Durch den Konsum von Kaffee wird Noradrenalin erhöht, welches das Nervensystem stimuliert. Zur selben Zeit reduziert es aber auch den Neurotransmitter Serotonin, welcher eher beruhigend wirkt.
Beeinflusst Kaffee die Spermienqualität?
Der Konsum von Koffein bei Männern wurde mit erhöhtem Testosteron und SHBG (Sexualhormon bindendes Globulin) in Verbindung gebracht. Kaffee soll die glykolytischen und oxidativen Eigenschaften der Sertoli-Zellen verändern, was die Fortpflanzungsfähigkeit beim Mann beeinträchtigen kann. Hierbei ist allerdings anzumerken, dass der Mechanismus, über den Koffein auf den Körper einwirkt, noch nicht zur Gänze bekannt ist. Es ist jedoch bekannt, dass Koffein eine verändernde Wirkung auf das Hormonsystem oder direkt auf das keimbildende Epithel haben kann. Einer umfassenden Studie zufolge kann der Konsum von Kaffee die männliche Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen. Ein Zusammenhang zwischen dem Konsum von Koffein und männlicher Reproduktionsgesundheit konnte jedoch nicht direkt nachgewiesen werden.
In der Studie wurde der Zusammenhang zwischen der Fruchtbarkeit des Mannes in Verbindung mit Stress, Kaffee- und Koffeinkonsum und anderen Lifestyle Faktoren untersucht. Einige Studien zeigten, dass Getränke wie Softdrinks und koffeinhaltige Erfrischungsgetränke sich negativ auf Volumen, Anzahl und Konzentration des Spermas auswirken. Kaffee und andere koffeinhaltige Getränke können mit optimierbaren Ess- oder Lebensgewohnheiten in Verbindung gebracht werden, und es ist hierbei leider sehr schwer, zwischen falschen und möglichen Zusammenhängen zu unterscheiden. Erfrischungsgetränke sind möglicherweise aussagekräftiger als Kaffee. Die gefundenen Zusammenhänge bei Männern, die große Mengen an koffeinhaltigen Erfrischungsgetränken tranken, konnten nicht allein durch den Koffeingehalt des Getränks erklärt werden, der zum Teil nicht sehr hoch war. Es könnte vielmehr einfach der Fall sein, dass diese Männer einen weniger gesunden Lebensstil führten. Koffeinhaltige Getränke könnten die Fruchtbarkeit auf eine Weise beeinflussen, die nicht in direktem Zusammenhang mit dem enthaltenen Koffein zu tun hat. So könnte der Konsum von Softdrinks zu Unfruchtbarkeit führen, weil er einfach die Wahrscheinlichkeit erhöht, eine Insulinresistenz und eine Stoffwechselstörung zu entwickeln und Gewicht zuzunehmen. Der Konsum von Softdrinks im Allgemeinen hat in Studien scheinbar die Spermienqualität beeinträchtigt.
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